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Was ist Gesundheit, was Krankheit


  
§9 Organon: "Im gesunden Zustand des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den materiellen Körper (Organsim) belebende Lebenskraft (Autocratie) unumschränkt und hält alle seine Theile in bewunderungswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten, so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu dem höheren Zwecke unsers Daseins bedienen kann." 

Was ist das, was man zu behandeln hat? 

§6 Organon VI: "Der vorurtheillose Beobachter, - die Nichtigkeit übersinnlicher Ergrübelungen kennend, die sich in der Erfahrung nicht nachweisen lassen, - nimmt, auch wenn er der scharfsinnigste ist, an jeder einzelnen Krankheit nichts, als äußerlich durch die Sinne erkennbare Veränderungen im Befinden des Leibes und der Seele, Krankheitszeichen, Zufälle, Symptome wahr, das ist, Abweichungen vom gesunden, ehemaligen Zustand des jetzt Kranken, die dieser selbst fühlt, die die Umstehenden an ihm wahrnehmen, und die der Arzt an ihm beobachtet. Alle diese wahrnehmbaren Zeichen repräsentiren die Krankheit in ihrem ganzen Umfange, das ist, sie bilden zusammen die wahre und einzig denkbare Gestalt der Krankheit." 

Krankheit ist also ein Zustand, der vom normalen des Patienten abweicht. 

Zentrale Störung

Wenn man den Erfolg oder Mißerfolg homöopathischer Rezepte untersucht, stellt man fast immer fest, daß die Rezepte in denen der Geistes- und Allgemeinzustand des Patienten berücksichtigt wurde, bessere Ergebnisse liefern als solche, in denen nach Lokalsymptomen verschrieben wurde. Besonders auffällg sind offensichtlich geheilte Fälle, in denen ausschließlich nach den ersten beiden Kriterien verschrieben wurde, ohne die Pathologie zu berücksichtigen. 

211 ORG. VI "Dies geht soweit, daß bei homöopathischer Wahl eines Heilmittels, der Gemüthszustand des Kranken oft am meisten den Ausschlag giebt, als Zeichen von bestimmter Eigenheit, welches dem genau beobachtenden Arzte unter allen am wenigsten verborgen bleiben kann." 

212 ORG. VI "Auf diese Haupt-Ingredienz aller Krankheiten, auf den veränderten Gemüths- und Geisteszustand, hat auch der Schöpfer der Heilpotenzen vorzüglich Rücksicht genommen, indem es keinen kräftigen Arzneistoff auf der Welt giebt, welcher nicht den Gemüths- und Geisteszustand des ihn versuchenden, gesunden Menschen, sehr merkbar veränderte, und zwar jede Arznei auf verschiedene Weise." 

213 ORG. VI "Man wird daher nie naturgemäß, das ist nie homöopathisch heilen, wenn man nicht bei jedem, selbst akuten Krankheitsfalle, zugleich mit auf das Symptom der Geistes- und Gemüts- Veränderung siehet und nicht zur Hülfe eine solche Krankheits-Potenz unter den Heilmitteln auswählt, welche nächst der Aehnlichkeit ihrer anderen Symptome mit denen der Krankheit, auch einen ähnlichen Gemüts-oder Geistes-Zustand für sich zu erzeugen fähig ist 1." 

in der Fußnote zu diesem Paragraphen erläutert er anschaulich: 

Fußnote 212 ORG. VI: "So wird bei einem stillen, gleichförmig gelassenen Gemüthe, der Napell-Sturmhut selten oder nie eine, weder schnelle noch dauerhafte Heilung bewirken, eben so wenig, als die Krähenaugen bei einem milden, phlegmatischen, die Pulsatille bei einem frohen, heiteren und hartnäckigen, oder die Ignazbohne bei einem unwandelbaren, weder zu Schreck, noch zu Aerger geneigten Gemüthszustande." 

Kent erläutert hierzu in seinen "Lectures on homöopathic philosophy": 

Kent´s L.* Lecture XXXIII, S.237: "In ninety-nine cases of a hundered you can leave out the particulars, for the particulars are usually contained within the generals. If there be but one remedy that has the numerous generals, and coveres those generals absolutly and clearly and strongly, that will be the remedy that will cure the case. 

Die Störung des Allgemeinzustands und des Geistes- und Gemütszustands ist der eigentliche Teil der Erkrankung der behandelt werden muß. Es ist die zentrale Sörung des Organismus. Es ist die angepasste Haltung die der Patient während seiner Erkrankung annimmt, um zu überleben. Die Auswirkungen auf lokaler Ebene können je nach Disposition der betreffenden Person mannigfaltig sein, stellen nicht den wesentlichen Kern der Erkrankung dar und müssen somit nicht unbedingt von dem passenden Medikament abgedeckt werden. Es ist eher so, als hafte sich die Pathologie an die zentrale Störung wie eine Pflanze an einen Stock. Es nützt nicht wirklich, die Pflanze zu beschneiden, sondern es ist nötig, den Stock zu beseitigen damit die Pflanze nicht wieder daran hochranken kann. 

Es stellen sich nun die Fragen wodurch die zentrale Störung hervorgerufen wird und weshalb Menschen mit gleicher zentraler Störung unterschiedliche Krankheitsymptome bilden bzw. weshalb Menschen mit gleichen Krankheitssymptomen unterschiedlich zentrale Sörungen haben. Weshalb sind die Dispostionen zu unterschiedlichsten Symptomen so vielfältig und wieso haben Menschen überhaupt Dispositionen, bestimmte Krankheiten zu entwickeln. 

Dispositionen

Die offensichtlichste Ursache, weshalb ein Mensch eine bestimmte Disposition entwickelt, ist ein intensiver Zustand, der über einen längeren Zeitraum auf ihn einwirkt. Die zentrale Störung der Mutter während der Schwangerschaft wird auf das Kind als Disposition weitergegeben. Die zentrale Störung von Mutter und Vater während der Empfängnis sowie deren Dispositionen werden auf das Kind als Disposition weitergegeben. 

Der krankhafte Zustand, unter denen der Patient später leidet, hängt von seinen Dispositionen und der diese Dispositionen anregenden Faktoren ab. 

Wie stark und wie erregbar eine Disposition ist, hängt davon ab, wie lange ein Zustand auf eine Person eingewirkt hat. Ein über Generationen bestehender Krankheitszustand bewirkt eine starke und tiefe Disposition. Die Erregbarkeit der Disposition hängt davon ab, vor wie kurzer Zeit der Krankheitszustand aktiv war. Die erregbarste Disposition eines neugeborenen Kindes ist in der Regel abhängig von der zentralen Störung der Mutter während der Schwangerschaft. Wenn sich zum Beispiel die Mutter vor der Schwangerschaft in einem Calcium-Zustand befunden hat, aber während der Schwangerschaft in einen Stramonium-Zustand wechselte, wird bei dem Kind die erregbarste Disposition die von Stramonium sein. 

Dadurch, daß es mehrere Dispositionen in ein und derselben Person gibt, ist es logisch, daß sich auch die zentrale Störung ändern kann. Am offensichtlichsten wird dies bei einer akuten Erkrankung in einem chronisch Kranken. Prinzipiell stellt sich hierbei die Frage, ob der Patient in dem Zustand seiner chronischen zentralen Störung bleibt oder ob er den Zustand wechselt. Wechselt er den Zustand, ergibt sich die Frage, ob er den Zustand wechselt, weil eine Disposition in ihm erregt wurde oder ob nur eine äußere Einwirkung den Zustandswechsel bewirkt hat. In beiden Fällen ist das Arzneimittel das gleiche aber nur in dem Fall, in dem eine Disposition zugrunde liegt, muß das entsprechende Arzneimittel auch gegeben werden, da der Zustand sich von alleine nicht wieder ändern wird, wohingegen es im zweiten Fall zunächst ausreichend ist, die äußere Einwirkung aufzuheben. In Fällen, wo dies nicht geschieht, wird sich nach genügend langer Zeit dann allerdings eine Disposition bilden, die dann auch entsprechend behandelt werden muß. Wenn die äußere Einwirkung einen Wechsel des zentralen Zustands bewirkt und die Erkrankung eine Intervention nötig macht, wird der Zustand nach erfolgter Behandlung mit dem richtigen Mittel wieder in den chronischen Zustand zurückkehren. Solche Satellitenzustände werden durch das Mittel, das durch den Zustand der chronischen zentralen Störung indiziert ist, bedingt. In Fällen, in denen eine zweite Disposition angeregt wurde, muß sich der vormals beherrschende chronische Zustand gebesert haben, sonst hätte die Disposition nicht angeregt werden können. Hierbei muß der Patient nach Behandlung seiner akuten Erkrankung nicht notwendigerweise in den alten Zustand zurückkehren, sondern es kann ein völlig anderes Arzneimittel nötig werden. 

Es ist also ein Unterschied, ob eine Erkrankung einer Dispostion zugrunde liegt oder nicht. Wenn keine Ÿnderung der zentralen Störung während einer akuten Erkrankung auftritt, handelt es sich um einen Zustand mit einer tiefen und starken Disposition. 


 

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